Der Kapitalismus im Geiste der Soziologie

(05/2019 A.D.)

Im Laufe des Artikels werden sie erfahren, dass wir alle in gewisser Weise Kapitalisten sind.
Ob wir das wollen oder nicht.



Kapitalismus bezeichnet zum einen eine spezifische Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung,
zum anderen eine Epoche der Wirtschaftsgeschichte. Allgemein wird unter Kapitalismus eine
Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum an den
Produktionsmitteln und einer Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt beruht.0

Und beim Stichwort Markt setzt nun die Soziologie ein. Jeder von uns ist Herr über, mal mehr, mal
weniger Kapital. Aber Kapital ist nicht nur das Geld. Neben dem Geld als ökonomischem Kapital
gibt es weitere Kapitalsorten, mit denen der Mensch im täglichen Leben zu tun bekommt.1


1.) Ökonomisches Kapital: Produktionsmittel, Grund und Boden, Geld, Aktien und Schmuck.

2.) Kulturelles Kapital: Bildungsabschlüsse, Titel.

3.) Soziales Kapital: Beziehungen, die auf kennen und anerkennen basieren.

4.) Symbolische Kapital: Prestige und Renommee. (Auctoritas.)
(Übernimmt eine übergeordnete Rolle gegenüber den anderen Kapitalsorten.)

5.) Ästhetisches Kapital: Also wie du aussiehst.

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Diese Liste könnte man jetzt noch nahezu endlos fortsetzen. Wichtig zur Einsicht ist, dass jeder von uns an einem Spieltisch sitzt. Jeder von uns hat Jetons. Jeder von uns hat viele verschiedene Jetons.
Je nach Markt haben wir die entsprechende Währung. Die entsprechenden Beträge.

Kapitalsorten lassen sich ineinander umtauschen. Mal leichter, mal schwerer. Sie haben zB. Geld und
können entsprechende Bildungsinstitutionen besuchen. Mit dem erworbenen kulturellen
Kapital können sie über den Jobmarkt ökonomisches Kapital zurückerwerben. Auf dem Heiratsmarkt
ist wiederum alles gefragt, allen voran vermutlich das ästhetische Kapital. Weiters steht außer Zweifel,
dass aus dieser Sicht der Dinge etwas Anti-Kapitalistisches gar nicht existiert. Jeder ist Kapitalist,
jeder ist Kapitalbildner; egal mit welcher Kapitalsorte wir das auch immer gerade tun. ² 3

Was hilft dies nun in der Praxis. Nun zB. im Bereich der Armutsforschung. Armut ist nämlich eben
nicht nur ein Mangel an Geld, sondern eben auch ein Mangel in allen anderen Bereichen. Wen sie
also in Bildung für die Armen investieren, haben sie gute Chancen, dass sich dadurch auch die
ökonomischen Bedingungen für alle verbessern. Es gibt also sehr wahrscheinlich immer auch eine
Umwegrentabilität.

Es gibt kein Leben außerhalb des Marktes.



P.s.: Und um das nochmal etwas deutlicher vor Augen zu führen, gerade für jene, die das jetzt noch immer nicht ganz überreißen. Hören Sie auf mit ihrem Anti-Kapitalismus. Das funktioniert nicht,
den denn gibt es einfach nicht. Das einzige, was sie als Anti-Kapitalist machen, ist einen verdammt
schlechten Kapitalisten abzugeben.
Und erfolgreiche Kapitalisten können sich keine schönere Umgebung vorstellen als eine Umwelt aus lauter naiven Ungebildeten, die glauben, es gäbe etwas Anti-Kapitalistisches, dem sie folgen könnten.
Machen sie es doch den Ultra-Kapitalisten nicht gar so leicht, sie jeden Tag aufs neue
über den Tisch zu ziehen. Verstehen Sie bitte das ihnen jeder Vollblutkapitalist jeden Tag aufs
neue erzählen wird, wie scheiße, Kapitalismus ist, und man da unbedingt etwas dagegen machen müsste.

Meine Verehrung, und noch einen guten Tag ihnen.

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0 Ich verwende hier die Definition, wie sie in der Wikipedia zu finden ist. Ob einem das passt oder nicht, Wikipedia hat mittlerweile einen normativen Charakter, der auf die Begrifflichkeiten selbst zurückwirkt.

1 Siehe P. Bourdieu.

Pierre Bourdieu

² Der dreckige Marxist wirft mir spätestens hier Vulgärökonomie vor. Ich sage nichts; außer, dass ich die performantere Theorie habe. 🙂

³ Anm.: Kapitalismus ist immer schon da. Er dringt nicht in die Lebensbereiche ein. Er war immer
schon dort. Was voranschreitet, ist die Rationalisierung, Bürokratisierung und Kartellierung.
Das ist unser Problem am Kapitalismus; nicht der Kapitalismus selbst ist das Problem.
Die Ursache, warum das, welches wir Kapitalismus nennen, bzw. besser gesagt seine
Folgeerscheinungen, von ihrem Muster her, überall und natürlich auch auf Märkten
besonders auffällig vorhanden ist – scheinen ein paar Spielmechaniken zu sein,
die man unbedingt benötigt, um das Universum, zum einen stabil, zum anderen
entwicklungsfähig, veränderlich und dynamisch zu machen.

— End-of-Topic —

 

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